Alfred Biolek als wertvoller Anker

Nur ein einziges Geräusch - und man erkennt ihn

Er sah anders aus als die anderen Showmaster. Seine Sendung sah anders aus als die anderen. Es war „Bio‘s Bahnhof“. Für mich stinklangweilig, immer quatschten da irgendwelche Leute miteinander, ohne dass etwas Lustiges passierte.


Das war 1978.


Heute ist mir klar, warum das damals alles stinklangweilig auf mich wirkte. Ich ging schließlich noch zur Grundschule, meine Uhr war eine Casio mit Stoppuhr-Funktion (Yeahr!) und ich hätte zu dieser Uhrzeit (21 Uhr) eigentlich schon längst im Bett sein sollen.


Meine Güte, das war vor 43 Jahren!


Heute, im Jahr 2021, ist Bio von uns gegangen und ich kann immer noch seine Stimme hören. Dieses ganz bestimmte Räuspern...


Wenn Harald Schmidt in seinen Shows dieses Räuspern imitierte, wusste sofort jeder im Saal, wer gemeint war. Eine akustische Signatur mit Referens auf eine, und auch wirklich nur eine einzige Person.


Dieses "Hmhmm" von Biolek.


Was gäben einige Menschen in der Medienwelt dafür, solch eine unverwechselbare Signatur zu haben?

Ein akustischer Anker für drei wertvolle Botschaften

Dieses einzigartige „Hmhmm“ in den Ohren will ich gerne mit drei Botschaften verbinden, die uns Alfred Biolek vor seinem Tod hinterlassen hat. Immer, wenn dieses Räuspern im Kopf stattfindet, werden also drei Erkenntnisse aktiviert, für die Alfred Biolek stand.

Verbindlichkeit im Hier und Jetzt

"Hmhmm!"

In allen seinen Talk- und Kochshows behandelte Bio seine Gäste stets verbindlich. Verbindlichkeit als Tugend steht für einen verlässlichen und zuvorkommend freundlichen Umgang mit anderen Menschen.


Das „Hmhmm“ von Biolek klang nie mahnend, sondern stets aufmerksam im Hier und Jetzt. Imitiere ich es, bin ich ebenfalls zurück im Hier und Jetzt und schweife mit den Gedanken nicht ab. Hmhmm, ich bin ganz bei Dir.

Keine Korruption durch falsche Komfortzonen!

"Hmhmm!"

Alfred Biolek studierte Jura, wurde Mitglied in einer Burschenschaft, schloss am Ende sogar mit einer Promotion ab.


Doch die Leidenschaft seines Lebens war eine andere. Für diese Leidenschaft ließ eine bereits gebahnte Karriere in der Kanzlei seines Vaters sausen. Eine Leidenschaft, die an ganz anderen Orten Erfüllung findet: Auf der Bühne. Im Kabarett. Im Fernsehen. Hinter der Kamera.


Der Aufwand und die Widrigkeiten eines Jurastudiums bis hin zur Promotion entsprechen metaphorisch mehreren Bergetappen auf der Tour de France. Umso beeindruckender Bios Entscheidung ganz oben auf dem letzten Berg. „Hmhmm, nein, das will ich nicht“.


Und es ist so, als hätte er dort oben sein Fahrrad verschenkt und wäre zu Fuß zuerst ins Tal und dann weiter nach Paris gelaufen.


„Hmhmm“, ich lasse mich nicht von Geld, Meriten und einer Welt korrumpieren, in der ich gar nicht leben will. „Hmhmm“, jetzt mache ich das, was meine Leidenschaft ist und wofür ich wirklich brenne.


Den meisten Menschen gelingt das nicht. Gemeint ist nicht die Karriere im Fernsehen, sondern die Entscheidung gegen die tägliche Korruption des gebahnten Alltags und für die ungewissen Pfade der eigenen Überzeugung.


„Hmhmm!“

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"Ich bin nicht abhängig vom Erfolg und kann auch wieder von unten anfangen. Beim Blick auf meinen Kontoauszug habe ich noch nie einen Orgasmus bekommen."

— Alfred Franz Maria Biolek —

Das „Hmhmm“ für das „nie zu viel im Leben“

"Hmhmm!"

Alfred Biolek ist das Gegenteil eines maximal like-orientierten Selfies. Unter den sozialen Medien ist er das Whatsapp, nicht das Tiktok. Unter den Telefonen ist er das schwere mit Wählscheibe, nicht das leichte mit Candycrush.
Biolek stand für Bescheidenheit, begründete aber mit seiner Art, Talkshows zu gestalten, eine ganze Ära.


Im Gespräch wollte er nie sein Gegenüber übertrumpfen und konnte vielleicht gerade deshalb allen Menschen vor und nach dem gefallenen Vorhang noch in die Augen schauen.
„Hmhmm“ bedeutet, den anderen zu Wort kommen zu lassen, ihn oder sie mit der eigenen Aufmerksamkeit wirklich verstehen zu wollen.

Der eigenen Legende nach stammt dieses Nie-zu-viel-Prinzip vom genialen Kartoffelsalat seiner schwäbischen Großmutter ab. Das Rezept dafür verriet Bios Großmutter erst auf ihrem Sterbebett: „Ich habe immer ein bisschen zu wenig gemacht“.

In einer Zeit, in der maximaler Erfolg, maximales Glück und maximales Vermögen zum Gegenstand einer ganzen Coaching-Industrie wurde, hebt sich diese Bescheidenheit wunderbar sympathisch ab. Weil sie nicht das ICH maximiert, sondern das Bewundern des ANDEREN ins Zentrum stellt.
„Hmhmm“ erinnert daran, dass nicht ICH das Ziel dieser Welt bin. „Hmhmm“, ohne einen ANDERE PERSON gäbe es MEINE PERSON überhaupt nicht.


„Hmhmm“, ich wachse persönlich viel mehr durch ein nie zu viel im Leben.

Das Ende einer wunderbaren Heldenreise

Alfred Franz Maria Biolek begann seine Heldenreise am 10. Juli 1934 in Freistadt (Tscheslowakei) und er beendete sie am 23. Juli 2021 in Köln. Er lebt in uns weiter, so wie alle unsere Helden, die ihre irdische Heldenreise beendet haben. 

Bio, alles Gute und Danke!

Quellen und interessante Links

Bildnachweis

© Raimond Spekking

Empfang für Dr. Alfred Biolek zum 85. Geburtstag durch Kölns Oberbürgermeisterin im Muschelsaal des Historischen Rathauses von Köln


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